In den vergangenen Wochen war es sehr heiß und ich musste die Pflanzen auf dem Wilden Meter viel gießen. Nachdem noch einige Wochen Sommer vor uns liegen, habe ich Staudengärtnerin Susanne Behmenburg gebeten, den Juli-Tipp dem Thema „Richtig gießen“ zu widmen.
Zum besseren Verständnis möchte ich eine kurze Erläuterung zum chemischen Unterschied zwischen Regenwasser und Leitungswasser vorausschicken. Denn in der Natur und im Garten werden die Pflanzen durch den Regen gewässert, auf Balkonen gießt man meistens mit Leitungswasser. Nur die Pflanzen, die auf meiner Loggia nach außen hängen, bekommen auch Regenwasser.
Wasser ist nicht gleich Wasser: Kalk und pH-Wert
Unterschiede zwischen Regen und Leitungswasser bestehen unter anderem im Kalkgehalt und beim pH-Wert. Der pH-Wert in der Chemie ist ein Maß für den sauren oder alkalischen Charakter einer wässrigen Lösung. Auf einer Skala von 1 bis 14 ist der Wert 7 neutral, weniger als 7 ist sauer, mehr als 7 ist alkalisch, das Gegenteil von sauer.
Regenwasser hat einen pH-Wert von etwa 5,6 und ist somit sauer. Regenwasser ist auch kalkfrei. Erst wenn Regenwasser durch kalkhaltiges Gestein sickert, nimmt es Kalk auf. Kalk entsäuert und hebt den pH-Wert. Der pH-Wert des Regenwassers steigt also durch die Kalkaufnahme. Das kalkhaltige Grundwasser kommt dann als Trinkwasser bei uns wieder aus der Leitung.
Auch das Münchner Leitungunswasser enthält Kalk und kommt mit einem durchschnittlichen pH-Wert von 7,54 aus der Leitung, es ist also alkalisch. Da die pH-Skala so aufgebaut ist, dass pro ganzer Zahl die Säurekonzentration jeweils um den Faktor 10 zunimmt, ist das Münchner Leitungswasser (7,54) also fast 100-mal alkalischer als Regenwasser (5,6). Das ist für eine Pflanze dann doch ein gewaltiger Unterschied, ob sie im Freien wächst oder auf einem Münchner Balkon. (Tipp: Den pH-Wert Ihres eigenen Leitungswassers können Sie auf der Website Ihres Wasserversorgers erfahren.)
So, und nun kommt endlich Susanne zu Wort.
„Regenwasser ist als Gießwasser am besten geeignet, manche Arten (z. B. Arnica montana) können wirklich nur mit Regenwasser überleben. Arnica montana haben wir in der Gärtnerei schon mehrmals durch nur ein- oder zweifache Gabe von Leitungswasser umgebracht. Die meisten Pflanzen sind hingegen sehr tolerant gegenüber Kalk.
Auswirkungen von torffreiem Substrat
Aber torffreies Substrat, wie man es aus Naturschutzgründen heute verwenden sollte, um keine Moore zu zerstören, verstärkt das Problem von sehr kalkhaltigem Leitungswasser noch einmal zusätzlich. Denn der pH-Wert von torffreiem Substrat liegt grundsätzlich schon weiter im alkalischen Bereich als der von torfhaltigem Substrat.
Das Wasser wird im torffreien Substrat zudem viel schlechter gehalten, dadurch werden beim Gießen mehr Nährstoffe ausgewaschen. Hier hilft es, in der Vegetationszeit alle ein bis zwei Monate nachzudüngen, zum Beispiel schnell und unkompliziert mit „Engelhart´s Gartendünger“ oder einem Flüssigdünger. Die Menge sollte etwa die Hälfte der angegebenen Menge für Zierpflanzen sein. Hat man stark kalkhaltiges Wasser, hilft natürlich eine Entkalkung zum Beispiel durch einen Wasserfilter.
Die richtige Uhrzeit
Grundsätzlich gilt beim Gießen immer: am besten morgens oder abends und lieber durchdringend und nicht so oft. Bei großer Hitze finde ich es besser abends, weil die Pflanze Zeit hat, die kühle Nacht über das Wasser aufzunehmen. Ist es eher feuchtwarm, ist morgendliches Wässern besser, da dann die Blätter über den Tag abtrocknen können und so einem Pilzbefall vorgebeugt wird. Am besten gießt man auch direkt auf das Substrat und nicht auf die Pflanze selbst.
Die richtige Temperatur
Wenn man mit Leitungswasser gießen muss, wäre es ideal, die Kanne stehen zu lassen, bis das Gießwasser Raumtemperatur hat. Es geht aber auch direkt aus der Leitung, bei uns in der Gärtnerei müssen die Pflanzen das aushalten.
Urlaubszeit
Für die Urlaubszeit helfen Blumenkästen mit Wasserspeicher oder große Übertöpfe und Unterteller, die mit Wasser befüllt werden. Dann wird das Wasser langsam nach oben gesaugt. Auch kopfüber in die Erde gesteckte Wasserflaschen können als Wasserspeicher dienen. So hat man immerhin einen Liter Vorrat! Wenn man Plastikflaschen verwendet, kann man den Boden abschneiden, dann kann man sie besser befüllen.“
Gärtner-Wissen für Leser des Wilden-Meter-Blogs
Alle Staudentipps für den Balkon von Susanne finden Sie mit einem Klick in der Kategorie „Gärtner-Wissen“. Dort und im Bereich „Ratgeber“ in der Hauptnavigation finden alle Ein- und Umsteiger zusätzlich Informationen, Erfahrungen und Anleitungen für den Start und die Pflege von Wildpflanzen im Kasten und Kübel.
Die Staudengärtnerin und Landschaftsarchitektin (Dipl.-Ing.) Susanne Spatz-Behmenburg betreibt die Bioland-Staudengärtnerei Spatz & Frank in Kreilhof bei Peißenberg, etwa 60 Kilometer südlich von München. Momentan werden ca. 700 verschiedene Arten von heimischen Wildstauden und deren Sorten direkt in der Gärtnerei vermehrt. Über den Naturgartenverein haben Susanne und ich uns kennengelernt.
Mehr Informationen:
Meine Erfahrungen mit verschiedenen Gießmethoden finden Sie im Beitrag:
Urlaubsbewässerung auf dem Wilden Meter
In den Kommentaren geben Leserinnen und Leser zusätzlich wertvolle Tipps.
Quellen und weiterführende Tipps:
Wikipedia-Eintrag: Regenwasser
Erklärung mit Illustration: Wie kommt der Kalk ins Wasser/
[…] erreicht werden, habe ich anfangs die von Susanne beschriebenen Plastikflaschen (siehe Beitrag Richtig gießen) und auch Glasflaschen gesteckt. Das Problem an den Flaschen, egal ob sie aus Plastik oder Glas […]
Wir fangen Leitungswasser vom Salat/Gemüsewaschen etc. in einer Schüssel auf, um es dann nochmal zum Gießen zu nutzen. Es ist erstaunlich, wieviel da an manchen Tagen zusammenkommt. Als es so heiß und trocken war, hat es zwar nicht gereicht, aber man kann doch etwas sparen. (Regenwasser ist im regenarmen Berlin leider utopisch.)