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Wildbiene des Jahres 2020: die Auen-Schenkelbiene

Wildbiene des Jahres 2020: Auen-Schenkelbiene auf Gilbweiderichblüte

Seit 2013 wird jährlich eine „Wildbiene des Jahres“ ausgerufen,  um an ihrem Beispiel die spannende Welt dieser Tiere bekannter zu machen. Für das Jahr 2020, das morgen beginnt, wurde die Auen-Schenkelbiene gewählt. Die Schwesterart, die Wald-Schenkelbiene, habe ich dieses Jahr zufälligerweise das erste Mal beobachten können – allerdings nicht auf dem Wilden Meter, sondern draußen in der Natur.  Ich habe nach dem offiziellen Infotext zur „Wildbiene des Jahres 2020“ für Sie auch noch die Fotos von „meinen“ Waldschenkelbienen eingefügt.

Das Kuratorium „Wildbiene des Jahres“ hat für 2020 eine Biene gewählt, die sich durch eine für Mitteleuropa einzigartige Lebensweise auszeichnet. Während Wildbienen für ihre Larven üblicherweise einen Futterproviant aus Pollen und Nektar in ihr Nest eintragen, sammelt die Auen-Schenkelbiene (Macropis europaea) Pflanzenöle und vermengt sie mit Pollen zu einem „Ölkuchen“. Der Energiegehalt von Öl ist größer als beim zuckerhaltigen Nektar.

Als ölspendende Pflanzen dienen den Schenkelbienen hierzulande Gilbweiderich-Arten (Lysimachia), die häufig an Bachufern und Grabenrändern vorkommen (Gewöhnlicher Gilbweiderich, Pfennigkraut). Der Punkt-Gilbweiderich (Lysimachia punctata) ist in Gärten als Zierpflanze verbreitet. Auf der Suche nach dem Pflanzenöl kommt die Auen-Schenkelbiene somit auch in unsere Gärten. Ein noch häufigerer Gast ist hier die sehr ähnliche Schwesterart, die Wald-Schenkelbiene (Macropis fulvipes).

Die Bienen brauchen allerdings als schnell verfügbaren „Treibstoff“ stets auch Nektar, den sie sich in unterschiedlichen Blüten holen – zumeist in der Nähe der Ölpflanzen. Die Schenkelbienen benötigen also ein vielfältiges Blütenangebot. In den Tropen kommen Öl sammelnde Wildbienen im Gegensatz zu unseren Breiten in mehreren Arten vor.

Flugzeit und Nistplätze

Um die Wildbiene des Jahres 2020 zu beobachten, lohnt es sich, ab Ende Juni an Beständen des Gilbweiderichs nach den Tieren Ausschau zu halten. Vor allem die Männchen mit auffällig gelben Gesichtern fliegen hektisch um die Blütenstände, um Weibchen zu begatten. Diese tragen an ihren Hinterbeinen eine krümelige Masse aus Pollen und Öl, die sie als Larvenvorrat in ihr Nest transportieren.

Oft legen die Weibchen ihre Erdnester in der Nähe der Nahrungspflanzen an, die auf feuchten Böden wachsen. Dabei nutzen sie das Pflanzenöl zusätzlich zur Imprägnierung der Nestwände und schützen die Brut dadurch gegen Feuchtigkeit und die Gefahr der Schimmelbildung.

Kuckucksbiene: die Schmuckbiene

In den Nestern unserer beiden Macropis-Arten legt regelmäßig eine attraktiv gefärbte Wildbiene ihre Eier ab, die selbst keine Larvenvorräte sammelt, sondern sich quasi den „Bienenfleiß“ der Schenkelbienen zunutze macht. Diese Schmuckbiene (Epeoloides coecutiens) zeigt somit die Lebensweise eines Kuckucks, sie ist ein Brutschmarotzer. Immerhin leben rund ein Viertel unserer Wildbienenarten als Kuckucksbienen, oftmals mit sehr enger Bindung an bestimmte Wirtsbienen. Die Schmuckbiene schmarotzt ausschließlich bei der Auen- und der Wald-Schenkelbiene.

So unterstützen Sie die Schenkelbienen

Beide Schenkelbienen-Arten sind trotz ihrer großen Abhängigkeit von den Ölpflanzen derzeit bei uns nicht gefährdet. Wir können sie durch das Angebot von Gilbweiderich in unseren Gärten unterstützen. Wichtig ist die behutsame Pflege von Gräben und Bachufern, das heißt ein Mähen der Ufervegetation im Sommer verbietet sich, um nicht die Nahrungsgrundlage der Schenkelbienen sowie vieler anderer Blütenbesucher zu zerstören.

Das Kuratorium „Wildbiene des Jahres“

Das Kuratorium „Wildbiene des Jahres“ ist beim Arbeitskreis Wildbienen-Kataster angesiedelt, einer Sektion des Entomologischen Vereins Stuttgart 1869 e. V. Das Kuratorium „Wildbiene des Jahres“ wählt seit 2013 jährlich eine besonders interessante Wildbienenart aus, um an ihrem Beispiel die spannende Welt dieser Tiere bekannter zu machen. Zugleich soll die Wildbiene des Jahres dazu ermuntern, „in die Natur“ zu gehen und das Tier in seinem Lebensraum aufzusuchen. Damit wirkt die Initiative auch im Sinne einer Wissenschaft für alle (citizen science) und bringt mehr Klarheit über das aktuelle Vorkommen der Wildbiene des Jahres.

Exkurs Oberpfälzer Wald-Schenkelbienen

Mitte Juni konnte ich selbst dieses Jahr zum ersten Mal in meinem Leben Schenkelbienen beobachten – nicht auf meinem Balkon, sondern auf dem Land, in der Oberpfalz. Ich entdeckte zufällig eine Schlafgruppe von Männchen auf Punkt-Gilbweiderich, der verwildert an einem Wegrand hinter dem Haus meiner Mutter wächst.

Verwilderter Punkt-Gilbweiderich (Lysimachia punctata)
In den Blüten dieser verwilderter Punkt-Gilbweiderichpflanzen (Lysimachia punctata) übernachtete einige Tage hintereinander ein Grüppchen Wald-Schenkelbienenmännchen – siehe grüner Pfeil. Details auf den nächsten Fotos.

Ich kam von einem Spaziergang zurück und holte schnell mein Makro, um die Bienchen zu fotografieren und bestimmen zu lassen.

Männchen der Wald-Schenkelbiene (Macropis fulvipes)
Aus der Nähe: Schlafende Männchen der Wald-Schenkelbiene (Macropis fulvipes)

Der Entomologe in Ruhestand, Karl-Heinz Wickl, der nur acht Kilometer von dem Dorf meiner Mutter entfernt wohnt und mit dem ich vor einiger Zeit bereits Kontakt aufgenommen hatte, bestimmte die Bienen freundlicherweise umgehend als Schenkelbienen. Die Männchen der beiden Arten seien im Feld nur schwer zu unterscheiden.

Mit einem Foto, das ich später noch vom Gesicht der Bienen machen konnte, bestimmte Andreas Haselböck, Mitglied des Wildbienen-Katasters Baden-Württemberg, die Männchen endgültig als Wald-Schenkelbienen. Laut Flyer „Wildbiene des Jahres 2020“ haben die Männchen der Auen-Schenkelbiene eine weiße Oberlippe, die der Wald-Schenkelbiene eine gelbe. Weibchen habe ich leider nicht gesehen, vielleicht nächstes Jahr.

Wald-Schenkelbiene
Wald-Schenkelbienen-Männchen haben eine gelbe Oberlippe (Labrum)  und einen gelben Kopfschild (Clypeus).

 

 

Ich wünsche allen Leserinnen und Lesern
ein gesundes und glückliches neues Jahr und
– im Sinne des Kuratoriums „Wildbiene des Jahres“ –
viele interessante Wildbienen-Beobachtungen
auf Ihrem Balkon oder draußen im Grünen!

Ich freue mich auf ein weiteres gemeinsames Balkonjahr mit Ihnen auf dem Wilden Meter.
Ihre Katharina Heuberger


 

Weitere Informationen zu Schenkelbienen:

Flyer Wildbiene des Jahres 2020

Die Flyer zu den Wildbienen der Jahre 2013 bis 2020 können auf der Website des Wildbienen-Katasters heruntergeladen werden:  www.wildbienen-kataster.de

Informationen zu Schenkelbienen auf der Website des Wildbienen-Experten Paul Westrich


Quelle: Pressemeldung des Wildbienen-Katasters Baden-Württemberg und eigene Ergänzungen
Titelfoto Auen-Schenkelbiene: Volker Mauss

5 Kommentare zu “Wildbiene des Jahres 2020: die Auen-Schenkelbiene

  1. […] Die Knautien-Sandbiene 2018: Die Gelbbindige Furchenbiene 2019: Die Senf-Blauschillersandbiene 2020: Die Auen-Schenkelbiene 2021: Die Mai-Langhornbiene 2022: Die […]

  2. […] Wildbiene des Jahres 2020: die Auen-Schenkelbiene […]

  3. Torsten Richter-Arnoldi

    Hallo, danke für diesen interessanten Beitrag! Ich bin durch einen Link darauf gestoßen, den meine Mutter (82!) mir kürzlich geschickt hatte. Da ich heute „zufällig“ selbst eine für mich überraschende Wildbiene auf unserer Terrasse entdeckt habe, die aber ein anderes Verhalten zeigt, frage ich nun mal hier nach, ob Ihnen eine Art bekannt ist, die Blattstückchen sammelt und in ihr unterirdisches Nest bringt? Bisher wusste ich nur von bestimmten Ameisen, die das tun.
    Da hier keine Medien angefügt werden können, sende ich Ihnen einen Link, auf dem eine Aufnahme von diesem Tier zu sehen ist:
    https://1drv.ms/u/s!ArIm70IwgGR8mJ1A96wk-nQ4A0p82A?e=rbTLRQ
    Viele Grüße aus Hattingen an der Ruhr!

    • Redaktion

      Vielen Dank für den interessanten Hinweis und das schöne Foto! Ich habe das Foto nun hier eingebunden, damit es alle sehen können.

      • Redaktion

        Ich denke, es handelt sich um eine Blattschneiderbiene, wahrscheinlich ist es die Garten-Blattschneiderbiene. Aber da ich keine Wildbienenexpertin bin, möchte ich mich da gar nicht an eine genaue Bestimmung wagen. Wildbienenforscher Andreas Fleischmann hat im Interview mit dem Wilden Meter auch erklärt, warum die Bienen das machen: „Ja, auch die Blattschneiderbienen haben eine eigene raffinierte Strategie. Die Blattschneiderbienen schneiden kreisförmige oder halbkreisförmige Stücke beispielsweise aus Rosen-, Weiden- oder Pappelblättern, oder auch aus Pfingstrosen. Und dann bauen sie ihr Nest aus diesen Blättern, die sie zum Beispiel in die Röhrchen hier in den Nisthilfen stopfen. – Im Sommer bekomme ich oft Anrufe, dass eine Hummel auf einem Blatt durch den Garten reiten würde – das sind die recht großen Blattschneiderbienen. – Und das Blatt dient dann offensichtlich wieder dazu, dass das Nest nicht nach Biene riecht, sondern nach getrockneter Pflanze, so wie bei einem Blütenpotpourri, und dann erkennen die Feinde das nicht als Bienennest.“ Hier ist der Link zum Interview: https://wildermeter.de/das-wettruesten-von-raeuber-und-beute/ Herzlichen Glückwunsch zu diesen tollen Gästen in Ihrem Garten und herzliche Grüße aus München, Katharina Heuberger

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