Aussaat. Wie bitte? Im November? Wahrscheinlich denken jetzt einige der Leserinnen und Leser, ich hätte mich in der Jahreszeit vertan. Nein, denn es gibt auch Samen, die einen Kältereiz zum Keimen brauchen und die müssen nicht erst im warmen Frühjahr, sondern jetzt bald in der kalten Jahreszeit in die Erde. Wie Sie Samen gut vorbereiten und richtig aussäen, damit sie viele kräftige Pflanzenkinder bekommen, verrät Ihnen Susanne in diesem Artikel.
Samen sammeln, reinigen und aussäen gehört zu den schönsten Arbeiten eines Gärtners! Allein die Formenvielfalt lässt einen staunen. Und die Faszination der Entstehung einer neuen Pflanze aus dem Samenkorn! Saatgut ist mit das Wertvollste, was die Menschheit besitzt und sollte achtsam bewahrt werden.
Im Herbst werden die gesammelten Samen gereinigt und gesichtet. Oftmals haben die Samen Flugkörper, Geißeln oder dicke Schutzhüllen, diese können vorsichtig entfernt werden, bis man nur noch den puren Samen in den Händen hält.
Leichte Spelzen, welke Blättchen und Staubkörner lassen sich durch sanftes Pusten entfernen. Dicke Samenwände wie Beispielsweise die Früchte der Steinsame (Lithospermum purpurocaeruleum) lassen sich in feuchtem Sand einige Wochen gelagert aufweichen oder mit Schmirgelpapier bearbeiten. Man schmirgelt die Schale des Samenkorns an, damit sie dünner wird und der Keim leichter durchkommt.
Aussaatgefäße
Als Aussaatgefäß eignen sich sämtliche Töpfe und Schalen, aber auch Eierschachteln. Wichtig ist eine Mindesthöhe von zwei bis drei Zentimetern, und es muss gewährleistet sein, dass das Gießwasser gut ablaufen kann. Also unbedingt auf Löchlein im Boden achten!
Anzuchterde
Wir verwenden für unsere Aussaaten die Bio-Anzuchterde von Ökohum. Man kann aber auch genauso normale Blumenerde mit Sand im Verhältnis eins-zu-eins mischen.
Aussäen und festdrücken
Für den eigentlichen Aussaatvorgang werden die Aussaatgefäße zu zwei Drittel mit dem Substrat befüllt. Dieses wird dann mit einem geeigneten „Stempel“ fest angedrückt. Wir haben uns Stempel aus Holz gemacht, Holzplatten mit Griff dran, es gehen aber auch Tupperdosen, ein Glas mit ebenem Boden oder ähnliches.
Nun die Samen aus dem Tütchen gleichmäßig auf die geglättete Oberfläche ausbringen: durch eine leichte Rechts-links-Schüttelbewegung aus dem Handgelenk heraus oder durch Aufklopfen mit dem Finger auf das Tütchen. Am besten machen Sie das in zwei Durchgängen, einmal längs und einmal quer.
Samen abdecken
Jetzt erfolgt die Abdeckung der Samen, vor allem der Dunkelkeimer, entweder durch eine dünne Schicht Aussaatsubstrat oder mit Quarzsand (durch ein Sieb). Lichtkeimer bleiben unbedeckt. Aber wer weiß schon, ob es sich bei den Samen um sogenannte Licht- oder Dunkelkeimer handelt? Deshalb mein Tipp aus der Praxis: Wir decken alle unsere Aussaaten mit einer Schicht aus gebrochenem Blähton ab, etwa einen Zentimeter dick. Durch diese luftige Schicht kommen alle Sämlinge sehr gut durch, Trauermücken werden daran gehindert, ihre Eier in die feuchte Erde zu legen, so dass die Larven die Würzelchen nicht abfressen können, und beim Gießen muss man nicht ganz so vorsichtig sein, denn es wird nichts so leicht weggeschwemmt! Wir kaufen unseren Blähton von der Firma Ökohum, als Quarzsand geht normaler Sandkastensand.
Nach dem Abdecken der Saat wird nochmal mit dem „Stempel“ alles angedrückt und dann mit einer feinen Brause sanft angegossen. Saatschalen sollten eher trocken gehalten werden, erst wenn die ersten Sämlinge erscheinen, darf etwas mehr gewässert werden.
Termine für Kalt- und Warmkeimer
Ein guter Aussaatzeitpunkt für Kaltkeimer ist Ende Dezember, Anfang Januar, denn Kaltkeimer brauchen mindestens vier Wochen Kälteeinwirkung zwischen minus vier und plus vier Grad. Ideal wäre es, wenn die Schalen im Freiland unter Schnee stehen würden. Hier herrschen günstige Temperaturen zwischen zwischen minus vier und plus vier Grad und das Schmelzwasser „frisst“ an den Samenschalen. Dann muss man aber auf guten Mäuse- und Vogelschutz achten. Wir stellen die Schalen ins ungeheizte Gewächshaus.
Schnell- oder Warmkeimer sät man Anfang April bis Mitte Mai. Sie keimen oft innerhalb von wenigen Tagen.
Und wie man die Sämlinge dann richtig pikiert, erfahren Sie in Staudentipp # 3
Gärtner-Wissen für Leser des Wilden-Meter-Blogs
Alle Staudentipps für den Balkon von Susanne finden Sie mit einem Klick in der Kategorie „Gärtner-Wissen“. Dort und im Bereich „Ratgeber“ in der Hauptnavigation finden alle Ein- und Umsteiger zusätzlich Informationen, Erfahrungen und Anleitungen für den Start und die Pflege von Wildpflanzen im Kasten und Kübel.
Die Staudengärtnerin und Landschaftsarchitektin (Dipl.-Ing.) Susanne Spatz-Behmenburg betreibt die Bioland-Staudengärtnerei Spatz & Frank in Kreilhof bei Peißenberg, etwa 60 Kilometer südlich von München. Momentan werden ca. 700 verschiedene Arten von heimischen Wildstauden und deren Sorten direkt in der Gärtnerei vermehrt. Über den Naturgartenverein haben Susanne und ich uns kennengelernt.
Hier endet nun die sechsteilige Serie „Susanne Staudentipps“, die uns durch das Balkongartenjahr 2019 begeleitet hat. Danke, liebe Susanne, für Deine Unterstützung!
Zu dem Thema gibt es auch eine Folge der Sendereihe „Querbeet“ aus dem Bayerischen Fernsehen, das heute, am 14. Novemberr 2020, online gestellt wurde.
Zuerst geht es ums Samen gewinnen, etwa ab Minute 3:40 geht es um die Aussaat. Der Beitrag wurde in Staudengärtnerei Gaißmayer in Illertissen gedreht, ebenfalls ein Naturgarten-Fachbetrieb des Naturgarten e. V. wie Staudenspatz in Kreilhof.
Viel Erfolg beim Aussäen!
Wichtig finde ich an dieser Stelle einmal das Thema aufzugreifen, wie man schonend und naturnah insbesondere Trauermücken bei der Aussaat und Anzucht von Wildstauden vorbeugt bzw diese behandelt. Ich habe mir bisher nur mit Neemöl zu helfen gewusst, damit die Mücken mir nicht alle Keimlinge schon im Ansatz aufessen. Allerdings bin ich mir trotz der Zulassung im Bioanbau nicht sicher, ob das Neem nicht doch für unsere Wildbienen schädlich sein könnte…Alternativen? Viele Frühlingsgrüße von Rebecca
Das ist ein guter Tip mit dem Blähton! Oh ja, die Kaltkeimer. Im Winter hatte ich es verpennt, meinen Gemeinen Wundklee auszusäen und habe die Samen noch im Februar / März verteilt. Zum Glück haben die späten Fröste gereicht, sie in Gang zu setzen. Jetzt habe ich auf der Baumscheibe nämlich jede Menge Jungpflanzen, juhu! Wirklich hübsch die Samen der Mariendistel, besonders auf dem roten Grund. – Ich hörte mal aus Amerika, oder war es woanders, von einer Pflanzenart, deren Samen nur durch Hitzereize keimen. Das liegt daran, daß sie nach Waldbränden wachsen. Will man sie aussäen, muß man sie wie einen Espresso von unten erwärmen. Faszinierend, was es alles gibt!
[…] Folge #6 Aussaat eine professionelle Anleitung, wie man Kaltkeimer richtig aussät. Hier nachlesen: Susannes Staudentipps: #6 Aussaat […]