Gärtnerwissen Rubrik Wildpflanzen

Susannes Staudentipps: #5 Samen ernten

Samen der Nickenden Kratzdistel (Carduus nutans)

Wer sich die Kosten für vorgezogene Pflanzen aus der Gärtnerei sparen möchte oder einfach Freude daran hat, Pflanzen aus Samen selbst zu ziehen, kann einen Teil der Samen ernten. Kurz vor Abreise in den Urlaub schickt uns Staudengärtnerin Susanne Spatz-Behmenburg Tipps, wie man Samen richtig erntet und aufbewahrt:

„Die ersten Samen sind reif und wollen gekonnt eingefangen werden! Jede Pflanzenart hat ihre eigene Strategie, um für möglichst viele Nachkommen zu sorgen. Manche versehen die Samen mit kleinen Fallschirmen und versenden sie per Wind – zum Beispiel die Nickende Kratzdistel (siehe Titelfoto) und der Wiesenbocksbart; andere nutzen Tiere als Transporteure – zum Beispiel Klette und Labkraut oder sie streuen die Samen möglichst zahlreich aus, wie Akelei, Mohn und Lichtnelke.

Erntemethode „ausschütteln“

Bei vielen Arten kann man die reifen Samenkörner einfach direkt aus der Samenkapsel in einen Briefumschlag schütteln. Dies sollte möglichst bei trockenem Wetter erfolgen. Den Briefumschlag dann gut verschließen, mit dem Namen der Pflanze und dem Erntejahr beschriften und trocken und dunkel aufbewahren.

Hinweis: Von Gläsern zur Aufbewahrung rate ich ab, da oft eine kleine Restfeuchte zu Schimmelbildung führt.

Erntemethode „einfangen“

Bei Samen, die leicht wegfliegen, muss man den richtigen Zeitpunkt zur Ernte erwischen oder man packt die abgeblühten Blütenstände noch vor der Samenreife in kleine Teefilter und fängt sie so ein. Dies empfiehlt sich vor allem bei Skabiosen und Knautien (Witwenblumen) – siehe nächstes Bild.

Samenernte bei der Mazedonischen Witwenblume (Knautia macedonica) in der Staudengärtnerei Spatz & Frank in Oberbayern
Samenernte bei der Mazedonischen Witwenblume (Knautia macedonica) in der Staudengärtnerei Spatz & Frank in Oberbayern

Trocken gesammelte und gelagerte Samen halten sich mehrere Jahre, wobei die Keimfähigkeit mit der Zeit abnimmt.

Im Boden überdauern Samen manchmal Jahrzehnte, bis die optimalen Bedingungen zur Keimung herrschen. Diese Samenbank im Boden ist überaus erstaunlich und man nimmt sie manchmal erst dann wahr, wenn im frisch gejäteten Beet immer wieder kleine Sämlinge auftauchen.

Bei manchen Samen ist es jedoch von großem Vorteil, wenn sie direkt nach der Ernte ausgesät werden, zum Beispiel Küchenschelle und Witwenblume. So kann man eine entstehende Keimhemmung umgehen. Sät man die Küchenschelle erst im Herbst aus, so liegen die Samen oft ein Jahr, bis sie keimen. Dies sei hier im August-Tipp nur kurz angerissen, ein ausführlicher Aussaat-Tipp kommt dann im September.“

Nachtrag: Erntemethode „futtern“

Auf dem Wilden Meter wird nur geerntet, was die Vögel übrig lassen. In den ersten Jahren haben die Stieglitze vor allem Kornblumensamen gefressen, dieses Jahr haben ihnen auch die Samen der Gelben Skabiosen und der Wald-Witwenblume geschmeckt.

Die Samen der Waldwitwenblume auf dem Wilden Meter hat dieses Jahr der Stieglitz geerntet.
Stieglitz beim Futtern auf der Wald-Witwenblume (Knautia dipsacifolia).

Das war besonders erfreulich, weil sie dafür auf den Balkon reinfliegen mussten und wir sie beim Fressen vom Sofa aus beobachten und filmen konnten.

Noch eine Aufnahme des Stieglitz-Gesangs:

 

Die Vogelstimmen-Hotline: Frag den Vogel-Philipp!

Manchmal kommen sie sogar zu viert oder zu fünft und sie schwatzen während des Fressens ständig miteinander. Für mich klingt das immer wie: „Hey, hast schon gehört, der Franz hat jetzt eine neue Freundin.“ „Echt? Der Hallodri! Schon wieder eine Neue!“ „Wie heißt die denn?“ „Keine Ahnung, aber jetzt ist klar, warum der nicht mehr bei uns mitfliegt, sondern dauernd im Olympiapark unterwegs ist.“ „Und, was macht die Irmi? Die hab ich auch schon lang nicht mehr gesehen.“ „Ich auch nicht. Aber die Anni hat gesagt, die ist beleidigt, weil wir sie nicht mit auf den Wilden Meter genommen haben.“ „Tsss, die war schon immer kompliziert und selber frisst sie uns immer die schönsten Kornblumensamen weg, wenn sie irgendwo früher da ist.“ „Und, was machen wir jetzt heute Nachmittag?“ „Wir könnten eigentlich mal wieder zu der einen Blumenwiese von Greencity hinter der Donnersberger Brücke fliegen und schauen, was da geboten ist, was meinst?“ „Super Idee, aber jetzt hau ich hier erst mal rein.“ Usw. Usw.

Ich hab das Video und eine Sprachaufnahme an den Vogelphilipp geschickt, um eine fachkompetente Erklärung für die Unterhaltung beim Essen zu erhalten. Der Landshuter Vogelstimmenexperte Philipp Herrmann, genannt der Vogelphilipp, bietet nämlich in Kooperation mit dem BUND Naturschutz in Bayern in diesem Sommer eine tolle WhatsApp-Aktion: Eine Vogelstimmen-Hotline. Man nimmt den Vogelgesang auf und schickt die Aufnahmen per WhatsApp an die Nummer 0160 44 244 50 und bald schon kommt die Antwort von Philipp.

Und das hat mir Philipp geantwortet: „Das, was du mit der Sprachnachricht aufgenommen hast, ist der normale Gesang. Das andere auf dem Video sind sogenannte Kontaktrufe. Stieglitze sind sehr viel gemeinsam oder in Trupps unterwegs und diese Rufe dienen dem Zusammenhalt und der Kommunikation untereinander.“

Hmm, aber wie die Neue vom Franz heißt, weiß er jetzt leider auch nicht, der Philipp!

Die Aktion läuft noch bis Ende August!

 


Gärtner-Wissen für Leser des Wilden-Meter-Blogs

Alle Staudentipps für den Balkon von Susanne finden Sie mit einem Klick in der Kategorie „Gärtner-Wissen“. Dort und im Bereich „Ratgeber“ in der Hauptnavigation finden alle Ein- und Umsteiger zusätzlich Informationen, Erfahrungen und Anleitungen für den Start und die Pflege von Wildpflanzen im Kasten und Kübel.

Die Staudengärtnerin und Landschaftsarchitektin (Dipl.-Ing.) Susanne Spatz-Behmenburg betreibt die Bioland-Staudengärtnerei Spatz & Frank in Kreilhof bei Peißenberg, etwa 60 Kilometer südlich von München.  Momentan werden ca. 700 verschiedene Arten von heimischen Wildstauden und deren Sorten direkt in der Gärtnerei vermehrt. Über den Naturgartenverein haben Susanne und ich uns kennengelernt.


Weitere Informationen:

Mein schöner Garten: Blumensamen fürs nächste Jahr sammeln

Vogelstimmen-Hotline: Frag den Vogel-Philipp

7 Kommentare zu “Susannes Staudentipps: #5 Samen ernten

  1. Mal eine Frage zu den Samen: kann man die dann auch schon im Herbst aussäen? Oder kommen die Minipflanzen dann nicht über den Winter?

    • Wilder Meter

      Es gibt auch einen Staudentipp von Susanne Spatz-Behmenburg zum Ansäen, es ist der Tipp #6 https://wildermeter.de/susannes-staudentipps-6-aussaat/ Sie schreibt: Schnell- oder Warmkeimer sät man Anfang April bis Mitte Mai. Sie keimen oft innerhalb von wenigen Tagen. Ein guter Aussaatzeitpunkt für Kaltkeimer ist Ende Dezember, Anfang Januar, denn Kaltkeimer brauchen mindestens vier Wochen Kälteeinwirkung zwischen minus vier und plus vier Grad. *** Bei mir auf dem Balkon säen sich Einjährige Warmkeimer oft schon im Sommer aus und überwintern als kleine Pflänzchen in den Töpfen. Sie haben einen leichten Wachstumsvorsprung vor den Einjährigen, die ich Ende März aussäe, aber keinen großen. Aber das Überwintern ist kein Problem, die einheimischen Pflanzen sind ja winterhart. Auf den Kornblumen-Samentütchen von Bingenheimer steht als Aussaat-Termin: März bis Juni oder August bis September. Die Pflanzen, die man im August und September aussät, sind fürs nächste Jahr.

      • Ganz herzlichen Dank! Habe ein paar nicht käufliche Samen bei einem Aktionstag bekommen wo keine Anleitung draufsteht, sind aber alles heimische Kräuter/Wildpflanzen, aber alle ziemlich wärmeliebend… Dann warte ich lieber.
        Bin drauf gekommen weil ich auch noch eine Blühwiesenmischung mit Wildblumen habe, wo Aussaat theoretisch noch September/ Oktober möglich ist. Das fand ich ganz am Anfang meiner zarten Balkonkarriere 😜 etwas befremdlich…

    • Für das Säen von Stauden gelten die Aussaattermine für Warm- und Kaltkeimer aus Tipp 6 ebenso. Auch hier säen sich manche Stauden bei mir selbst aus, die kleinen Sämlinge überwintern problemlos in den Töpfen. Ich lasse sie dann dort wachsen oder hole sie im Frühjahr raus und pflanze sie in einen eigenen Topf oder verschenke sie. Es ist wichtig zu wissen, dass Stauden von der Aussaat bis zur Blüte oft zwei Jahre brauchen, also nicht gleich im Jahr der Aussaat blühen. Die müssen erst ein Stück wachsen, bevor sie Blüten bilden. Die Gärtnerei Hof-Berggarten verkauft vorgezogene Stauden und Samen. Da findet man im Online-Shop beim Saatgut Angaben, wie lange es bis zur Blüte ungefähr dauert.

  2. Du Glückliche, daß du Stieglitze in der Gegend hast, die auch noch deine Blumen auf dem Balkon abernten! Was für ein schönes Erlebnis 🙂 Was sind bei dir jetzt eigentlich noch für späte Blütenpflanzen da? Blüht bei dir noch viel? Die Hitze hat mir im August doch viel abgeblüht. Jetzt ist zum Glück noch einiges in zweiter Blüte gekommen.

    • Wilder Meter

      Ja, die Stieglitz-Besuche gehören zu den Höhepunkten auf dem Wilden-Meter-Jahr! Wir wussten auch nicht, dass es die Stieglitze hier im Viertel gibt und die auch noch Kornblumen mögen. Sonnenblumenkerne müssen sie auch für unwiderstehlich halten, das wollte ich nächstes Jahr mal ausprobieren. 🌻🌻🌻 Was blüht noch? Aktuell blühen noch: Echte Bergminze, Berglauch, Goldhaar-Aster, Pyrenäen-Aster Lutetia, Wilde Möhre, Schwarze Königskerze, Südliche Skabiose, Rundblättrige Glockenblume, Knotiger Storchschnabel (Dauerblüher), Acker-Glockenblume (zweite Blüte), Quirlblütiger Salbei (zweite Blüte). Aber der Balkon sieht nun schon sehr spätsommerlich bis frühherbstlich aus, am Wilden Wein werden die ersten Blätter rot, und es fliegen nicht mehr so viele Wildbienen wie im Sommer, sowohl die Blüten- als auch die Wildbienensaison neigen sich dem Ende zu. Leider.

      • Klingt aber noch nach ner ganzen Menge. Bergminze, schön. Ich glaube, die habe ich immer totgegossen 😉 Demnächst kommen meine Wilden Astern. Außerdem habe ich noch Mauretanische Malven im Sommer nachgezogen (bzw. wieder ausgebuddelt und hier oben angesiedelt) und die starten jetzt voll durch. Ich denke, die werden noch blühen. Sonst wäre es noch übersichtlicher hier. Ja, hier geht die Saison auch zu Ende. Schade!

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