Rubrik Rundgang

Blüten-Rundgang im Juni

Die Pflanzen auf dem Wilden Meter wirken nach dem Hagelsturm vor einer Woche immer noch etwas mitgenommen und auch der folgende Dauerregen bei uns am Alpenrand ist den Blüten leider anzusehen. Aber die Lage auf dem Balkon ist nicht so dramatisch, wie es vergangenen Donnerstag auf den ersten Blick zu befürchten war (siehe Bild oben vom Bürobalkon).

Hagelwetter konnte für Menschen in früheren Jahrhunderten den Hungertod bedeuten, wenn es die Ernte vernichtete. Darüber schrieb Hans Kratzer am Montag in der Süddeutschen Zeitung in seiner Kolumne. Er erklärt, dass das alte germanische Wort „scûr“ vor 1200 Jahren für Sturm und Hagel gebräuchlich war und sich in Bayern im Wort „schauern“ für hageln erhalten hat. In den bayerischen Pfarreien würde es bis heute sogenannte „Schauerämter“ geben, eine gesungene Messe mit der Bitte um Abwendung von Hagelwetter.

Im Gegensatz zur Maiandacht, von der ich im letzten Beitrag berichtet habe, habe ich in meiner Kindheit auf dem Land – bedauerlicherweise – kein Schaueramt erlebt. Ich kenne nur die Kerzen, die beim Gewitter gegen Blitzeinschläge angezündet wurden und die Wetterkerzen oder Schauerkerzen heißen. Die ganze Familie versammelte sich in der Küche des Bauernhauses meiner Großeltern, auf dem Tisch brannte die schwarze Wetterkerze, draußen blitzte und donnerte es. Wie in einer Szene einer Anzengruber-Verfilmung.

Echte Altöttinger Wetterkerzen

Vergangenen Sommer habe ich mit meinem Mann eine Radtour am Inn gemacht, die uns auf dem Weg nach Passau durch den Wallfahrtsort Altötting führte. Nach einer Stunde Besichtigung des kirchlichen Spektakels fuhren wir weiter nach Simbach. Ich habe den Stand mit den Wetterkerzen fotografiert, weil ich gar nicht wusste, dass dieses Produkt heute noch auf dem Markt ist und schwarze Wetterkerzen für mich eine exotische Kindheitserinnerung sind. Angesichts der Hagelsturmschäden vom Donnerstag wäre die Investition in eine „Echte Altöttinger Wetterkerze“ im Nachhinein vielleicht doch lohnenswert gewesen.

Echte Altöttinger Wetterkerzen
Echte Altöttinger Wetterkerzen

Neue Blüten im Juni – ein Rundgang

Nach den Schauergeschichten heute nun also wieder gute Nachrichten vom Wilden Meter. Heute machen wir wieder einen kleinen Foto-Rundgang zu den Pflanzen, die seit dem Rundgang am 28. Mai neu aufgeblüht sind.

Die violette Knäuel-Glockenblume (Campanula glomerata) wächst im Kasten mit Gewöhnlichem Hornklee (Lotus corniculatum), Gelben Skabiosen (Scabiosa ochroleuca) und Feldthymian (nicht im Bild). Sie ist seit 2015 in diesem Kasten. Nachdem ich sie im Frühjahr aus der alten selbstgemischten Erde in das Dachsubstrat umgesetzt und die Wurzeln etwas beschnitten habe, ist sie etwas kleiner geblieben als sonst.

Knäuel-Glockenblume, Hornklee und Gelbe Sakbiose.
Knäuel-Glockenblume (Campanula glomerata). Erste Blüte: 7. Juni. Ich habe kleinere Wildbienen in den Blüten beobachtet.

Der Gewöhnliche Blutweiderich (Lythrum salicaria) ist seit August 2017 auf dem Wilden Meter. Weil er es gerne feucht hat und am Rande von Gartenteichen wachsen kann, habe ich ihn in einen Topf mit torffreier Pflanzerde gesetzt und diesen wiederum in einen Übertopf ohne Abfluss. Der Pflanztopf steht immer ein paar Zentimeter im Wasser. Die Pflanze hat sich nach dem Winter prächtig entwickelt, hat viele feste Stängel gebildet, ist über einen Meter hoch gewachsen und hat nun ährige, leuchtend purpurfarbene Blütenstände.

Blutweiderich mit einjährigen Sommerblumen
Blutweiderich (ganz links) neben den einjährigen Sommerblumen. Erste Blüte: erste Junitage. Ich habe schon verschiedene Gäste an den Blüten gesehen, unter anderem Hummeln, aber die Blüten sind so weit oben, dass ich jedes Mal auf einen Stuhl steigen müsste, um Genaueres zu beobachten. Das Foto habe ich von einer Trittleiter aus gemacht.

Der Gewöhnliche Natternkopf (Echium vulgare) blüht auch das erste Mal auf dem Wilden Meter. Ich habe eine Pflanze seit August 2017 in selbstgemischter Erde und eine seit März in Dachgartensubstrat im Topf, beide sind schön gewachsen und etwa gleichzeitig aufgeblüht. Drei verschiedene Hummelarten habe ich am Natternkopf schon gesehen: Ackerhummel, Erdhummel und Steinhummel. Das Foto habe ich noch vor der großen Flut gemacht. Jetzt sind die Blüten leider nicht mehr so schön. Ich möchte nächstes Jahr noch mehr Natternkopf auf dem Balkon haben. Ich finde ihn wunderschön und die Hummeln lieben ihn auch.

Gewöhnlicher Natternkopf und Erdhummel
Gewöhnlicher Natternkopf (Echium vulgare) und Erdhummel. Erste Blüte: 30. Mai.

In einem Kasten auf dem Bürobalkon wächst Färberkamille (Anthemis tinctoria) mit dem Gewöhnlichen Natternkopf zusammen. Die Pflanzen sind Nachkommen einer Färberkamille, die sich selbst ausgesät hat auf dem Balkon. Ich habe die kleinen Pflänzchen im Herbst 2017 zum Natternkopf und zur Gewöhnlichen Ochsenzunge in die selbstgemischte Erde gepflanzt und sie haben dort zusammen gut überwintert. Die Färberkamille ist in der Saatgutmischung M12 von Syringa enthalten, die ich jedes Jahr aussäe.

Färberkamille, im Hintergrund Gewöhnlicher Natternkopf
Färberkamille (Anthemis tinctoria). Erste Blüte: 23. Mai. Beobachtete Besucher: Wildbienen. Im Hintergrund: Gewöhnlicher Natterkopf (Echium vulgare)

Ebenfalls neu auf dem Wilden Meter: der Muskatellersalbei (Salvia sclarea). Ich wollte damit Holzbienen anlocken, aber anscheinend sind keine in der Gegend ansässig. Im Botanischen Garten in München im nächsten Stadtviertel gibt es welche. So habe ich es einfach mal probiert. Aber leider hat sich auch keine anderes Insekt für die mediterrane Schönheit interessiert. Ich denke, ich werde den Platz nächstes Jahr einer anderen Pflanze widmen. (Nachtrag vom 18. Juni: Heute hat ein Taubenschwänzchen viele Blüten des Muskatellersalbeis besucht.)

Muskatellersalbei
Blüten des Muskatellersalbeis (Salvia sclarea). Erste Blüte: 3. Juni.

Bei meinem Wildstaudeneinkauf in der Staudengärtnerei Staudenspatz im vergangenen August habe ich verschiedene Skabiosen gekauft, die ich noch nicht kannte. Bisher hatte ich Taubenskabiosen und Gelbe Skabiosen. Eine Duft-Skabiose, eine Glanz-Skabiose und eine Skabiose, die nur einen lateinischen Namen hat, nämlich Scabiosa agrestis. Leider habe ich die Schildchen nicht mehr bei allen richtig zuordnen können, so dass ich nun mit der Bestimmung warten muss, bis die Pflanzen entwickelt sind und blühen. Die kleinste hat den Anfang gemacht. Die hübschen lila Blüten im Hintergrund gehören zur Scabiosa agrestis. Sie wird nur zehn bis 15 Zentimeter hoch und eignet sich so prima als Balkonkastenpflanze.

Scabiosa agrestis
Scabiosa agrestis. Erste Blüte am 1. Juni. Im Vordergrund (verschwommen): Blüten des Kuhkrauts.

Eine Pflanze, zu der ich noch recht wenig sagen kann, ist die nicht-einheimische Duftnessel Blue Fortune (Agastache-rugosa -Hybride Blue Fortune). Sie ist seit August 2017 im Kasten in selbstgemischter Erde, unter anderem mit der Scabiosa agrestis und dem Steppensalbei. Sie hat nach dem Winter schön ausgetrieben, ist gut gewachsen und hat am 7. Juni zu blühen begonnen. Seitdem hat es viel geregnet und ich habe noch keine Gäste beobachtet.

Duftnessel Blue Fortune (Agastache-rugosa -Hybride Blue Fortune)
Duftnessel Blue Fortune (Agastache-rugosa -Hybride Blue Fortune)

Die Waldwitwenblume (Knautia dipsacifolia) wächst im Wald im lichten Schatten. Ich habe sie deshalb auf der Loggia im halbschattigen Bereich. Ich habe mehrere Waldwitwen-Pflanzen an verschiedenen Standorten. Diese hier hat sich am besten entwickelt und viele Knospen an den langen Stängeln gebildet. Am 2. Juni sind die ersten aufgegangen.

Waldwitwenblume (Knautia dipsacifolia)
Waldwitwenblume (Knautia dipsacifolia)

Der Feld-Thymian (Thymus pulegiodides) erweist sich bei mir als eine sehr unkomplizierte Pflanze, die niedrig bleibt, sich schön ausbreitet und seit 2015 jedes Jahr zuverlässig blüht. Er ist bei den Besuchern des Wilden Meters sehr beliebt.

Feldthymian (Thymus pulegiodides). Er blüht gerade auf.

Auch in den Kästen mit den einjährigen Sommerblumen aus der Syringa-Mischung gibt es neue Blüten und Farbnuancen. Zum einen das Nelken-Leimkraut (Silene armeria) in leuchtendem Pink …

Nelken-Leimkraut (Silene armeria)

.. und die kräftig sonnengelben Saat-Wucherblumen (Chrysanthemum segetum).

Gelbe Wucherblume und Wildbiene
Saat-Wucherblume (Chrysanthemum segetum) mit Wildbiene (evtl. eine Löcherbiene) und Ameise.

Den Roten Lein (Linum grandiflorum) habe ich zur Syringa-Mischung aus farblichen Gründen dazugegeben. Die Blüten sind kleiner als beim Klatschmohn, blühen aber länger.

Roter Lein
Roter Lein (Linum grandiflorum). Ich habe noch nie ein Insekt am Roten Lein gesehen. Aber ich finde die Farbe sehr schön sommerlich.

Hier endet der Balkonrundgang heute. Der Kugellauch und die Königskerze stehen aber schon in den Startlöchern. Demnächst gibt es mehr zum Thema „aufgeblüht“.


Links zu diesem Artikel:

Die komplette Pflanzliste finden Sie unter „Wilde Pflanzen A – Z“

SZ: Kratzers Wortschatz – „Schaueramt“

Wikipedia: Schauerkerze

Wetterkerze im Devotionalien-Online-Shop

 

6 Kommentare zu “Blüten-Rundgang im Juni

  1. […] Anfang im heutigen Blühbericht machen die Pflanzen, die seit dem Balkonrundgang im Juni noch immer blühen, wie zum Beispiel die nicht einheimische Duftnessel ‚Blue Fortune‘ […]

  2. Franziska

    Bonsoir.

    Die Erzählung über die Wetterkerzen fand ich jetzt spannend. Wir hatten sowas ähnliches, allerdings als Mittel, um bei Gewitter rechtzeitig aus dem Haus zu kommen, weil dieses auf einer Wasserader stand (leider!), und der Blitz beim Einschlagen den Sauerstoff verbrauchte/ verdrängte.

    Mein Balkon hat dieses Jahr fast nur Bienenblumen, und eine plüschige Besucherin kommt auch immer mal. Ansonsten Schmetterlinge und die Meislein. 😀 Vielleicht muß es sich bei den Bienen erst noch herumsprechen. Ich habe es statt mit der Mischung von Syringa, mit der Bauerngartenmischung von Gartenland GmbH Aschersleben versucht. Bisher hält sich die Begeisterung, in beiden Töpfen wachsen – obwohl sie aus ein- und derselben Samentüte bestückt worden sind – unterschiedliche Arten. Das Löwenmäulchen ziert sich noch, richtig mit dem Blühen loszulegen, bin da auch nicht ganz glücklich, weil die Stengel zu zart für die riesigen Blütenköpfe sind. Aber Versuch macht klug, oder so ähnlich.

    Noch viel Freude mit Ihren tollen Pflanzen wünscht

    Franziska

  3. Bettina Maus

    Wieder ein sehr schöner und informativer Blog! Auf meinem Balkon blüht die pfirsichblättrige Glockenblume schon länger und erfreut sich großer Beliebtheit. Dieses Jahr durfte ich zum ersten Mal einen Schmetterling begrüßen (Kleiner Fuchs), ob die Wiesenflockenblume das Lockmittel war? Ich habe mir dieses Jahr aufgrund Ihres Blogs auch einen Kugellauch besorgt, auf den freue ich mich sehr.

  4. Das mit den Wetterkerzen ist ja interessant! Wie passend. Da können wir wohl alle eine Großbestellung aufgeben! Schön, daß sich deine Blumen größtenteils erholt haben und schön, was bei dir alles blüht. Deine Knäuelglockenblume ist ein zartes Gebilde im Vergleich zu meiner, aber das liegt vielleicht an der Gemeinschaft im Blumenkasten? Den Natternkopf hätte ich so gerne gehabt, aber ich wollte ihn nicht übers Internet bestellen. Dann muß ich ihn wohl aussäen (hast du zufällig ein paar Körner übrig?). Er sieht sehr schön aus und soll ja eine super Hummelpflanze sein, wie du hier bestätigst. Ach ja, wenn ich das bei dir so sehe, will ich auch mehr Wildblumen haben. Ich werde meine Pflanzen hier jetzt nicht entsorgen, aber wenn was eingeht, will ich es mit Wildblumen ersetzen. Der Blutweiderich wächst doch prima 🙂 LG, Almuth PS viell. mußt du mit dem Muskatellersalbei noch etwas Geduld haben. Manche meiner Pflanzen haben sich erst nach Jahren bewährt.

    • Redaktion

      Liebe Almuth, danke für die Informationen zu deinen Pflanzen auf dem Balkon, es ist so hilfreich und schön sich mit anderen Naturbalkongärtnern auszutauschen. Wir machen ja praktisch Grundlagenforschung 🙂 Hast du die Knäuelglockenblume in einem Topf oder im Kasten? Und welche Insekten besuchen sie bei dir? Und zum Natternkopf: Er ist unkompliziert und die Hummeln lieben ihn. Ich glaube, du wirst viel Freude mit ihm haben. Den kannst du gut übers Internet bestellen. Am besten im Herbst. Da ist er nur eine Blattrosette, wächst gut an und kann im Frühjahr durchstarten. Ich werde aber auch die Samen für dich abnehmen, wenn die Grünfinken etwas übrig lassen 🙂 Liebe Grüße aus München, Katharina

      • Ja, ich freue mich auch über den Austausch von Balkon zu Balkon. Garten ist doch was anderes! Meine wächst in einem Topf allein und sie ist ziemlich früh dran im Jahr. Mit eine der ersten und ziemlich üppig, wobei sie jetzt langsam schwächelt, was man ihr ja zugestehen muß. Hummeln mögen sie und auch kleine Wildbienen. Ich glaube diese Glockenblumen-Scherenbiene könnte ein Besucher sein. Ganz genau weiß ich es aber nicht. Mein Problem ist eher, daß sie so früh blüht, während es woanders noch üppige Nahrung gibt. Viele Insekten kommen erst, wenn sie fast verblüht ist. Das ist immer etwas schade. So sah sie 2016 aus, jetzt ist sie noch kleiner…Wenn ich sie jetzt betrachte, glaube ich, daß es eine andere Sorte ist, als deine. Kann das sein?
        https://naturaufdembalkon.wordpress.com/2016/05/11/es-waechst-es-waechst/

        – Das mit der Herbstbestellung ist ein guter Tip. Ich hatte es bislang nicht gemacht, weil ich eine Mindestbestellung hätte machen müssen. Heute, am Mittellandkanal habe ich welchen entdeckt. Wenn ich nicht den Termin der Saatreife verpasse….sonst komme ich auf dich zurück 🙂 Eine Pflanze war übrigens voll mit Wildbienen! Jede Menge!! Von wem werden eigentlich deine Kornblumen besucht? So eine Blumenwiese im Balkonkasten macht sich einfach gut.

Hinweis: Ich freue mich über alle Kommentare und den Austausch mit Leserinnen und Lesern. Leider verschluckt das System aber die Kommentare manchmal und ich muss diese erst nachträglich online stellen. Ich bitte deshalb um Geduld und Verständnis!