Emmi ist tatsächlich eine Emmi und kein Emilio. Jürgen Gebhart, ein sehr netter Hobby-Eidechsenspezialist, hat mir die Frage nach dem Geschlecht unserer Balkoneidechse beantwortet. Sieben Wochen ist sie nun bei uns. Zeit mehr über sie zu erfahren. Ein Interview mit Jürgen Gebhart, der in seiner E-Mail unvorsichtigerweise angeboten hatte, auch noch weitere Fragen zu beantworten.
Wilder Meter: Wie erkennt man, ob eine Mauereidechse ein Weibchen oder ein Männchen ist?
Jürgen Gebhart: Dass es sich bei Ihrem Tier um ein Weibchen handelt, erkennt man am fast zeichnungslosen Rücken.
Wie alt ist es etwa?
Zum genauen Alter Ihres Tieres kann ich nichts sagen, es ist aber auf jeden Fall geschlechtsreif.
Wenn die Eidechse gesschlechtsreif ist, ist sie dann auf jeden Fall schon aus dem letzten Jahr oder kann sie auch aus jünger und erst aus diesem Jahr sein?
Aus diesem Jahr ist sie sicher nicht, dafür ist sie zu groß.
Wenn es ein geschlechtsreifes Weibchen ist, braucht es dann einen Sandkasten zur Eiablage?
Nein, sie braucht keinen Sandkasten für ihr Gelege, Mauereidechsen sind bei der Wahl ihrer Ablageplätze nicht wählerisch und auf dem Weg in den fünften Stock wird sie sicher irgendwo eine Spalte oder dergleichen gefunden haben, die ihr, falls nötig, als Ablageplatz dient oder gedient hat.
Wird sie genügend zu fressen finden auf dem Wilden Meter?
Auch bei ihrer Beute sind sie nicht wählerisch und bei ihrem tollen Balkon werden Insekten und Spinnentiere magisch angezogen. Sie wird nicht verhungern und falls das Nahrungsangebot doch zu knapp sein sollte, wird sie weiter wandern.
Es ist immer von Populationen die Rede, so als ob eine Eidechse normalerweise in Gesellschaft und nicht allein leben würde. Ist es dann nicht komisch, dass eine Eidechse alleine auf den Balkon kommt? Kommt sie vielleicht nicht mehr runter aus dem 5. Stock? Ist praktisch die Restpopulation unserer Balkon-Eidechse an einem anderen Ort zurückgeblieben?
Ganz sicher ist die Restpopulation ihrer Eidechse wo anders, wie sie selbst schon erwähnten, wird das Tier aus der Population „Donnersberger Brücke“ stammen. Junge Eidechsen stehen unter großem Druck gefressen zu werden, auch oder gerade von ihren Eltern/Verwandten, deswegen sonnen sie sich früher am Tag wenn die Adulten noch nicht aktiv sind und verstecken sich dann wieder oder sie verlassen ihr Geburtsgebiet und wandern planlos davon – was ich mir bei ihrem Tier vorstellen kann.
Ich habe das Informationsblatt zur Mauereidechse (Reptil des Jahres 2011) gelesen. Eine Sache hat sich mir nicht erschlossen: Hat jedes Tier in einer Population ein eigenes Territorium? Also jedes Männchen und jedes Weibchen?
Territorien haben nur die Männchen, diese bewachen ihre Weibchen, je stärker der Mann desto mehr Weibchen hat er. Ein Mauereidechsen-Weibchen kann bis zu dreimal im Jahr Eier ablegen, also ist der Stress, dem beide Geschlechter ausgesetzt sind, sehr hoch. Beim Männchen durch die vielen Kämpfe, bei den Weibchen durch die permanente Trächtigkeit. Deswegen ist die Lebenserwartung dieser Tier auch nicht sehr hoch.
Wenn Männchen ein Territorium haben und Weibchen nicht und Männchen mehrere Weibchen haben: Wo könnte dann das Männchen sein oder die anderen Weibchen? Sind die irgendwo in der Nähe? Leben die Weibchen normalerweise im Territorium der Männchen? Wenn ja, nur während der Paarungszeit?
Weibliche Tiere verlassen gerne mal ihr Territorium und bieten sich dem Männchen im Nachbarterritorium an, was dann wieder zu kämpfen unter den Männchen führt, das Weibchen bleibt wie immer beim Sieger.
Sind Eidechsen standorttreu?
Wichtig zum Verbleib an einem Ort ist ausreichend Futter und genug Versteckplätze.
Falls die Eidechse auf dem Balkon überwintert und überlebt – was passiert im Frühjahr, wenn wieder Paarung angesagt ist?
Ich bin mir nicht sicher, inwieweit der Trieb zur Arterhaltung bei den weiblichen Mauereidechsen ausgeprägt ist, ein Männchen würde sicherlich spätestens im Frühling abwandern.
Haben Sie einen Literaturtipp für mich als interessierter Laie zum Thema Mauereidechsen?
Das beste Buch (oder besser Büchlein) über Mauereidechsen ist von Urlich Schulte: Die Mauereidechse. Erfolgreich im Schlepptau des Menschen. Zeitschrift für Feldherpetologie – Beihefte, 2008.
Jürgen Gebhart hat den Artikel über die Mauereidechsen an der Donnersberger Brücke geschrieben, den ich im Internet gefunden habe. So bin ich auf ihn aufmerksam geworden.
Gebhart, Jürgen: Mauereidechsen an der Donnersberger Brücke, lacerta.de (Mai 2009)
Hallo, habe heute eine Eidechse auf unserem Balkon (4. STOCK) entdeckt. Sie hat sich gesonnt und ist dann im Kräuterkorb verschwunden. Kann sie sich auch in die Wohnung verirren?
[…] mir große Sorgen. Wenn Emmi schon mindestens ein Jahr alt ist (siehe Jürgen Gebhart im Beitrag Emmi – Fragen über Fragen) und einen Winter im Arnulfpark durchgestanden hat, wird sie wohl im Herbst ein bewährtes […]
Ich finde es erfreulich, dass Emmi auf dem wilden Meter vor gefräßigen Populationen und pausenlosen Schwangerschaften sicher ist. Möglicherweise hatte sie an der Donnersbergerbruecke zu viel Stress mit Artgenossen und genießt das Einsiedlerinnenleben. Wenn es ihr auf dem Balkon zu langweilig wäre und das Runterklettern zu schwierig wäre, könnte sie doch immer noch Richtung Dach ausweichen. Aber offensichtlich will sie ihren Wohnort nicht wechseln. Hoffentlich bleibt sie noch eine Weile.
[…] über die Mauereidechse, das mir von Jürgen Gebhart empfohlen wurde (siehe Beitrag von gestern: Emmi – Fragen über Fragen). Er berichtet außerdem, dass Mauereidechsen bis September häufig zu beobachten sind, dann […]
Spannend. Meine Nachbarin hat im Moment viele Eidechsen, aber das ist nicht im 5. Stock. 🙂