Dave Goulson (2019): Wild Life Gardening. Die Kunst im eigenen Garten die Welt zu retten.

„Die Ameisen haben die Landwirtschaft und das Selbstmordattentat erfunden.“ Das ist ein typischer Satz von Dave Goulson (Jahrgang 1965), der zeigt, warum die Bücher des britischen Biologen und Umweltaktivisten so erfolgreich sind. Er schafft es, uns die Welt der Insekten nahe zu bringen, indem er Erstaunliches über sie zusammenträgt, es mit Fakten und Zahlen anreichert und ihr Verhalten in menschlichen Kategorien und einfacher Sprache verständlich macht.

Im Falle der Ameisen beschreibt er in seinem neuen Buch „Wildlife Gardening – Die Kunst im eigenen Garten die Welt zu retten“ beispielsweise, wie Schwarze Wegameisen Blattläuse in Gefangenschaft halten, um deren zuckerhaltigen Ausscheidungen für ihre Ernährung zu nutzen oder wie Rossameisen zur Bekämpfung feindlicher Ameisen ihren Hinterleib so stark zusammenziehen, dass sie explodieren und dabei den Gegner mit klebrigem Gift besprühen.

Nach den Reiseberichten von seinen Forschungsexpeditionen zu den „seltensten Bienen der Welt“, beschäftigt sich nun das neue und vierte Buch von Insektenforscher Goulson, das in deutscher Übersetzung im März 2019 im Hanser-Verlag erschienen ist, mit der Tier- und Pflanzenwelt direkt vor seiner Haustür in East Sussex, im Garten. Auf 304 Seiten hält Goulson ein Plädoyer für artenreiche, giftfreie Naturgärten, in denen der Mensch mit Ameisen, Wildbienen, Nachtfaltern, Fliegen, Asseln und Regenwürmern im harmonischen Miteinander lebt, anstatt mit Rasenmäher und Pestiziden gegen sie zu kämpfen.

Das Thema „Wildlife Gardening“ ist bei Goulson weiter gefasst als der Begriff „Naturgarten“ in der Naturgartenbewegung in Deutschland, Österreich und in der Schweiz. Er bezieht Gemüsebeete im Vorgarten, Schrebergärten und Streuobstwiesen, also auch Gärten zur Produktion menschlicher Nahrungsmittel, mit ein.

In dem Buch behandelt er deshalb nicht nur Naturschutzthemen, wie zum Beispiel die richtige Pflanzenauswahl für Bestäuberinsekten, das Anlegen von Blühflächen und Teichen oder den Umgang mit invasiven Arten, sondern auch gartenbauliche Praxistipps wie Mischkulturen zur Steigerung der Ernteerträge oder das richtige Verhältnis von Kohlenstoff und Stickstoff im Komposthaufen. So ist auch jedem der zwölf Kapitel ein Rezept des Autors vorangestellt, in denen er Früchte aus seinem 8000 Quadratmeter großen Garten verarbeitet. Die Brombeermarmelade, das Sauerkraut oder der Holunderwein aus dem Rezept haben allerdings keinen weiteren Bezug zum Inhalt des jeweiligen Kapitels. Das ist bedauerlich, gelingt das Verknüpfen von unterschiedlichen Elementen wie wissenschaftlichen Fakten, unterhaltsamen Geschichten, eigenen Gärtnererfahrungen und praktischen Tipps sonst doch ganz meisterlich.

Leider trübt die Übersetzung stellenweise sehr den Lesegenuss. Oft klingt es fast nach einer Google-Translate („Mein Doktorvater war ein reizender (…) Gauner“), deutsche Redewendungen werden falsch angewendet („Ich glaube nicht, dass diese Theorie den Vogel abschießt.“) und auch fachliche Fehler sind zu finden („Ameisensorten“). Hier wünsche ich dem Autor in Zukunft dieselbe Sorgfalt und dasselbe Engagements des Verlags wie bei der Herstellung des Buches selbst. Es hat einen festen Einband, ein Lesebändchen und ist mit sehr vielen hochwertigen ganz- und auch doppelseitigen zweifarbigen Illustrationen von Nils Hoff ausgestattet.

„Wildlife Gardening“ ist auf jeden Fall eine uneingeschränkt empfehlenswerte Lektüre für den Einstieg in das Thema „Naturgärtnern“ und geeignet als Geschenk für konventionelle Gärtner, die dem Thema Naturgarten gegenüber offen sind. Naturgartenprofis werden auf vielen Seiten durchaus viel Bekanntes finden, aber bei der Fülle an Hintergrundinformationen, Zahlen und Studien, die in das Buch eingeflossen sind, stoßen auch erfahrene Praktiker sicher noch auf viele neue Dinge. Wer es also nicht scheut, teilweise Informationen zu lesen, die für Naturgärtner selbstverständlich sind („gefüllte Blüten sind für Insekten uninteressant“), wird dafür in der nächsten Zeile vielleicht schon mit überraschenden neuen Details zum Thema belohnt („gefüllte Rosen beschrieb schon der griechische Philosoph Theophrast im Jahr 286 vor Christus“).

Text: Katharina Heuberger; erschienen im Magazin „Natur & Garten“ 1/2020

Buchdaten:
Dave Goulson: Wildlife Gardening. Die Kunst, im eigenen Garten die Welt zu retten.
Originaltitel: The Garden Jungle: or Gardening to Save the Planet.
Übersetzt aus dem Englischen von Elsbeth Ranke
Erscheinungsdatum: 11.03.2019
304 Seiten, Hanser Verlag
Gebunde Ausgabe (fester Einband): 24,00 EUR, E-Book: 17,99 EUR
ISBN: 978-3-446-26188-4

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