Der Autor Dave Goulson (geb. 1965) ist ein britischer Hummelforscher, Naturschützer und seit 2002 auch Naturgärtner. Als die Universitätsverwaltung aus finanziellen Gründen das Gelände verkaufte, auf dem er ein Langzeitexperiment mit Roten und Weißen Lichtnelken durchführte und seine Forschungsfläche unter Beton verschwand, kaufte er sich in der Charente in Frankreich ein eigenes 13 Hektar große Stück Land. In seinem Buch mit dem englischen Originaltitel „A Buzz in the Meadow“ (wörtlich: „Das Summen in der Wiese“), beschreibt er, wie sich die Wiese im Laufe der letzten zehn Jahre entwickelt hat und welche ökologischen Experimente er dort durchführt.
Die Fläche wurde jahrelang ackerbaulich genutzt und gedüngt und erst ein Jahr, bevor Goulson sie erworben hat, in eine Wiese umgewandelt: „ein ödes Grasfeld“, „eine Glatthafer-Monokultur“. Zehn Jahre später zählt er rund 130 Pflanzenspezies. Mit den Blumen sind die Insekten zurückgekehrt: Wildbienen, Schmetterlinge, Fliegen, Wespen, Blattläuse, Gottesanbeterinnen, Libellen, Wanzen, Schaumzikaden und viele andere, die wir im ersten Kapitel „Geschichten von der Wiese“ näher kennenlernen. Der Gescheckte Nagekäfer, der im Titel des deutschen Buches irritierenderweise zweimal klopft, wohnt im Gebälk des alten Hauses, das zum Grundstück gehört. Im Verlag hat man das Buch anscheinend nicht sorgfältig gelesen. Denn Goulson berichtet, dass die Männchen der fast blinden Tiere im Rahmen ihres Paarungsverhaltens fünf bis sechs Mal innerhalb einer Sekunde mit dem Kopf auf Holz klopfen, um ein Weibchen auf sich aufmerksam zu machen. Dieses antwortet mit dem gleichen Geräusch, aber nur, wenn es noch jungfräulich ist. Kurz nach seiner Dissertation erforschte Goulson in Oxford, wie die winzigen Käfer dann schließlich zueinander finden.
Der erste Teil des Buches widmet sich also den Tieren, die auf der Wiese einen neuen Lebensraum gefunden haben. Der zweite Teil „Das komplexe Gewebe der Lebensformen“ befasst sich mit dem Beziehungsgeflecht zwischen den Tieren und Blumen auf der Wiese, vor allem mit der Bestäubung, und der Bedeutung der Insekten für unsere Umwelt und das ganze globale Ökosystem. Der dritte Teil „Die Auflösung des Gewebes“ ist ein Appell an die Menschheit, die Natur nicht weiter zu zerstören, aus der Sicht eines Wissenschaftlers, der um ihre Komplexität und Anfälligkeit weiß.
Goulson schafft es, seine entomologischen Forschungsobjekte, mit denen er sich täglich wissenschaftlich befasst, auf eine bodenständige, unterhaltsame Weise, mit viel Selbstironie und britischem Humor anschaulich und verständlich zu machen. Er bringt den Lesern in einfacher Sprache die oft unbeachteten kleinen Krabbel- und Kriechtiere nahe, indem er spannende Geschichten aus ihrem Leben erzählt. Es geht um die großen Themen des Lebens, um Fressen, Sex, Raub, Täuschung, Konflikte und Konkurrenz. Goulsons Wunsch ist es, dass der Leser diesen Kosmos und seine Wunder als „verborgene Herrlichkeiten des Lebens auf unserem Planeten erkennen und wertschätzen“ möge und dass die Menschheit einen Weg findet, diese zu bewahren.
Text: Katharina Heuberger; erschienen im Magazin „Natur & Garten“ 4/2016
Buchdaten:
Dave Goulson: Wenn der Nagekäfer zweimal klopft. Das geheime Leben der Insekten
Originaltitel: A Buzz in the Meadow
Übersetzt aus dem Englischen von Sabine Hübner
Erscheinungsdatum: 22.2.2016
320 Seiten, Hanser Verlag
Gebunde Ausgabe (fester Einband): 21,90 EUR, E-Book: 15,99 EUR
ISBN-10: 3446447008
ISBN-13: 978-3446447004