Kaum eröffnet man ein Hotel, sind auch schon die ersten Gäste da. Wir freuen uns. Den Ausstattungstrend der Saison haben wir offenbar richtig antizipiert: bodenständige Eiche, Vollholz.
Seit Mittwoch steht eine Insekten-Nisthilfe auf unserem Bürobalkon. Mein Vater hat sie gebaut und Löcher von drei bis neun Millimeter Durchmesser in das harte Eichenholz gebohrt. Das Hotel im Almhütten-Look mit Schindeldach, das mindestens drei Nummern größer als bestellt geliefert wurde, sollte heute vom Boden auf den Tisch umziehen, da es dort meiner Meinung nach besser aufgehoben wäre. Als ich den schweren Eichenblock zusammen mit meinem Mann probeweise auf den Tisch gestellt hatte, schwirrte ein Insekt um mich herum.
Es setzte sich kurz auf das Dach – sah wie eine Wespe aus – hob wieder ab, schwirrte weiter auf dem Balkon herum. Da war anscheinend schon unbemerkt jemand eingezogen und war nun etwas verwirrt. Also zurück mit der Eichenvollholz-Immobilie auf den Boden, wo sie vorher stand. Und, siehe da, kurz darauf kam die kleine Wespe angeflogen, suchte ein wenig, fand das gebuchte Appartement wieder, schlüpfte hinein und flog den ganzen Tag fleißig hin und her.
Raupenjägerin
Wahrscheinlich handelt es sich bei der Dame um eine Lehmwespe. Paul Westrich schreibt dazu: „Mehrere Arten solitärer Faltenwespen sind als Besiedler von Bohrungen von Nisthilfen bekannt. Hierzu gehören vor allem Vertreter der Gattungen Ancistrocerus, Euodynerus, Microdynerus und Symmorphus. Als Nahrung für ihre Brut tragen sie gelähmte Larven von Kleinschmetterlingen oder Rüsselkäfern ein. Ancistrocerus antilope zum Beispiel nistet vorwiegend in Gängen mit einem Durchmesser von 6 mm. Sie besiedelt sowohl Bambusröhrchen als auch Bohrungen in trockenem Holz. Die Beutetiere sind Kleinschmetterlingsraupen.“ (Quelle: www.wildbienen.info/artenschutz) Da Bienen und Wespen keinen Pass mit sich rumtragen, ist es wieder schwierig mit der Bestimmung. Aber vielleicht kommen wir der Jägerin noch ein bisschen näher. Morgen fahren wir jedoch für eine Woche weg, falls sie demnächst wirklich mit Schmetterlingsraupen daherkommt, werden wir es leider nicht miterleben.
Ach ja, in Deutschland gibt es ungefähr 67 Arten solitärer Faltenwespen, weitaus mehr als soziale Wespenarten, die in Staaten leben. Hab ich nicht gewusst. Was hab ich in der Schule eigentlich gelernt? (sieben Jahre Latein; Anm. d. Red.)
Nachtrag vom 3. Juni: Eine alte Bekannte
Unser allererster Gast in diesem Jahr, Sabinchen, das Solitärwespchen, hat vor geraumer Zeit eine andere Bleibe gewählt. Irgendwo in den Weiten des Arnulfsparks. Wir fanden das einigermaßen treulos. Offensichtlich hapert es aber im neuen Heim an der Wasserversorgung. Sabine kommt ab und zu an die Full-Service-Insektentränke Ihrer ehemaligen Hotelanlage zurück. Heute haben wir sie angetroffen, das liegt wohl auch an den wärmeren Temperaturen.
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